Freitag, 24. August 2012

Klassiker aus dem Wühltisch

Den heutigen Beitrag zum Blog möchte ich mit einer ganz einfachen Frage beginnen. Wie entscheidet Ihr Euch für einen Film? Bei mir ist der Weg immer sehr ähnlich. Man sieht im Kino einen Trailer, merkt sich den Film und das Startdatum und sitzt dann zu gegebener Zeit wieder am selben Ort um ihn sich auf der großen Leinwand anzuschauen.
Sollte ich mal nicht zum Kinobesuch kommen, der Streifen aber trotzdem vielversprechend ausschauen, wird er für die DVD vorgemerkt. Tja, so oder so ähnlich läuft das.
Zum heutigen Film bin ich jedoch ein wenig anders gekommen. Dieser begegnete mir nämlich auf einem Wühltisch in einem Elektronikmarkt und dies für nicht mal drei müde Euro! Die Worte „Collectors Edition“ und „Doppel-DVD“ sowie ein liebevoll gestalteter Pappschuber, ließen mir einfach keine andere Wahl.

„Rock & Rule“

Die ferne Zukunft. Die heutige Welt ist in einem apokalyptischen Nuklearkrieg untergegangen. Höhere Lebensformen wie die Menschen hatten keine Chance. Einzige Überlebende waren kleinere Wirbeltiere wie Mäuse, Ratten oder Katzen. Nach vielen Jahren bilden sich unter den Tieren menschenähnliche Mutationen heraus, welche die Lücke des Homo sapiens in den verfallenen Städten einnehmen. Es bildet sich eine düstere Zukunft heraus, geprägt von dreckigen Städten, verstrahlten Wüsten und säurehaltigem Regen.

In mitten dieser zwielichtigen Gesellschaft versucht die Sängerin Angel mit ihrer Punkrock Band eine Karriere zu starten. In dunklen Kaschemmen und Kellerlokalen, ist dies jedoch nicht so einfach. Erst recht nicht wenn man ständig im Schatten eines übermächtigen Superrockers namens Mok steht.
Mok lebt jedoch, entgegen seinem offiziellen Image, nicht für die Rock Musik sondern betreibt im Verborgenen magische Experimente und Beschwörungen. Seine Fassade als Rocker ist nur eine Tarnung. Gegenwärtig arbeitet er daran einen Dämonen aus einer anderen Dimension zu befreien. Was ihm dazu fehlt ist die Klangsequenz einer ganz bestimmten Stimme, wie sich heraus stellt, die von Angel. Kurzerhand entführt er die hübsche Blondine nach „Nuke York“, doch die anderen Bandmitglieder sind nicht untätig und dem verrückten Mok dicht auf den Fersen.

Da ich mich bisher vor allem im japanischen Genre der Animationsfilme herum trieb, nahm ich bisher Zeichentrickfilme aus anderen Ländern kaum wahr. Erst recht nicht wenn diese wie „Rock & Rule“ im Jahre 1983 in Kanada entstanden.
Vom Ambiente her lässt sich der Film am besten zwischen Cyberpunk und einer Rock & Roll Oper einordnen. Der Kampf Gut gegen Böse beherrscht die vorhersehbare und lineare Handlung. Wobei das Faszinierende die Waffen der Protagonisten sind. Statt Pistole oder Gewehr kommt der Gesang zum Einsatz. Da werden Dämonen mit Stimmsequenzen beschworen und Bösewichten eine Rockballade entgegen geschmettert. Oberschurke Mok schaut ein wenig aus wie eine Kreuzung zwischen Karl Lagerfeld und den Altrockern der Gruppe „Kiss“ und dazwischen Gesangseinlagen von Iggy Pop, Debbie Harry, Earth, Wind & Fire, Lou Reed und Cheap Trick.
Hinzu kommen wunderbar detaillierte und noch von Hand gezeichnete Animationen . Diese wirken zwar aus heutiger Sicht recht altbacken, doch hatten sie mein Herz spätestens an der Stelle gewonnen, als ich einen halb eingesunkene Freiheitsstatue sah, an dessen rechter Außenseite ein riesiger Turm aus Slum-Barracken empor wächst. Ebenfalls positiv das Charakterdesign der beiden Hauptfiguren, leider kommen einige Nebencharaktere nicht so gut weg.

Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten. Will heißen, auch wenn man bei der deutschen DVD Fassung das Herzblut der Macher regelrecht spürt, dürfen auch die Unzulänglichkeiten nicht unerwähnt bleiben. In erster Linie der leicht trashige Hauch, welcher dem Film anhaftet, den man aber nicht unbedingt als negativ ansehen muss.. Ein ernsthaft großer Kritikpunkt ist dagegen die deutsche Sprachfassung. Trotz nachträglicher Dolby 5.1 Abmischung, hallen die Stimmen der Sprecher unnatürlich nach. Es klingt ein wenig so, als hätte jemand mit seinem Handy den Ton eines Kinofilms mitgeschnitten. Zu allem Überfluss fängt die deutsche Tonspur zum Ende des Films immer mehr an zu leiern. Zwar kann ich verstehen dass fast 30 Jahre altes Tonmaterial nicht mehr ideale Qualität aufweist. Bei den tollen Liedern stört es trotzdem, dies muss man einfach so sagen.
Die restliche DVD Ausstattung lässt kaum Wünsche offen. Aufwendig animierte Menüs, ein fast halbstündiges Making Of aus dem Jahr 1983, Audiokommentar, Bildergalerie, ein Kurzfilm der Macher und auf der Bonus DVD sogar noch einmal die fünf Minuten längere original kanadische Version des gesamten Films. Wow! Das bieten nicht mal die meisten aktuellen Blockbuster.

Insgesamt ist „Rock & Rule“ vor allem eines - nicht mehr zeitgemäß.

Handgezeichnete Figuren mit Gelfrisur, die sich in einer apokalyptischen Welt Rocklieder um die Ohren schmettern, dies kann man heut zu Tage nicht mehr jedem Zuschauer vermitteln.
Für die älteren Semester ist der Film jedoch ein willkommen nostalgischer Ausflug in die frühen Achtziger Jahre und für alle unter Zwanzig ein interessanter Blick auf Animationsfilme vor Pixar, Dreamworks & Co.
Ich hatte auf alle Fälle eine Menge Spaß für meine knapp drei Euro. Aufgrund der technischen Mängel kommt „Rock & Rule“ jedoch über eine drei Sterne Wertung nicht hinaus.


Auf Grund des exotischen Films, an dieser Stelle nur ein englischer Trailer aus dem Jahr 1983:





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