Donnerstag, 21. Juni 2012

Studio Ghibli meets Internet

Wieder einmal hat heute ein Film seinen Weg auf meinen Bildschirm gefunden, der schon viel zu lange darauf wartete endlich geschaut zu werden.

„Summer Wars“

So der Titel des Anime aus dem Jahre 2009, welcher selbst Otto-Normal-Zuschauern allein durch seine Preise und Ehrungen bereits das ein oder andere Mal über den Weg gelaufen sein sollte. Nachdem der Film im Sommer 2011 auch in Europa auf etlichen Filmfestivals zu sehen war, gibt es seit Ende letzten Jahres auch eine hervorragende deutsche DVD bzw. Blu-Ray mit einer erstklassigen Synchronisation. Ohne jedoch vorgreifen zu wollen, hier erst einmal ein paar Worte zur Handlung.

Kenji ist ein eher zurückhaltender Junge an einer japanischen Oberschule. Im Unterricht ist er ein hochbegabtes Mathe-Aß mit super Noten und einer nur knapp verpassten Teilnahme an der weltweiten Matheolympiade. Seine Freizeit verbringt er hingegen zu großen Teilen im Internet, an Verabredungen mit Mädchen aus seiner Altersstufe ist nicht zu denken.
Derzeit im Internet absolut angesagt ist das weltumspannende Netzwerk „Oz“. Eine Art Mischung aus sozialem Netzwerk und Online-Rollenspiel. Jedes Mitglied kann sich in „Oz“ einen eigenen Avatar erschaffen. Damit hat er jedoch nicht nur Zugriff auf die Community, Chatrooms oder Mini-Spiele. Aufgrund der hohen Benutzerzahlen wandern auch immer mehr kommerzielle Firmen, Behörden und Ämter zu „Oz“. Man kann also nicht nur Schuhe und Konzerttickets über das Netzwerk ordern, vielmehr ist es auch möglich seine Steuern beim Amt anzugeben, Meldebehörden zu besuchen oder bei der Verkehrsleitzentrale die aktuelle Lage abzurufen. Kein Bereich in dem „Oz“ scheinbar nicht seine Finger im Spiel hat.
Als an der Oberschule die Ferien anbrechen, hat sich Kenji bereits einen Nebenjob gesucht. Als Systemadministrator möchte er bei „Oz“ anheuern. Wieder also ein ganzer Sommer den er vor dem Computer verbringen wird.
Zum Glück platzt im letzten Augenblick noch die hübsche Natsuki dazwischen. Als Klassenschönheit von allen Jungs heiß begehrt, fragt sie ausgerechnet Kenji ob er sie über die Ferien zu ihrer Familie begleitet. Für Kenji scheint ein Traum in Erfüllung zu gehen.
Natsukis Familie stellt sich sehr schnell als riesig heraus. Man ist stolz von einem berühmten Samurai-Clan abzustammen. Geleitet wird der gesamte Clan von der Großmutter deren neunzigster Geburtstag ins Haus steht. Natsukis Geschenk für diese, sie hat diesmal ihren lang angekündigten Verlobten mitgebracht … Kenji! Nur dumm das dieser noch nichts davon weiß.
Doch dies wird nicht Kenjis einziges Problem bleiben. In seiner Abwesenheit hat sich nämlich jemand mit seinem Account ins „Oz“ Netzwerk gehackt und verbreitet dort Chaos. Erst zum Verlobten dann zum Schwerverbrecher, der Sommer scheint noch interessant zu werden.

Erstaunlich was Regisseur Mamoru Hosoda mit „Summer Wars“ auf die Beine gestellt hat. Zwei Themen die ich in einem Film kaum für vereinbar gehalten hätte, finden zueinander. Auf der einen Seite die typische Beziehungskiste, erzählt in wunderbaren, detaillierten Bildern, die durchaus von einem „Studio Ghibli“ stammen könnten. Dagegen die durchaus aktuelle Gesellschaftskritik an großen sozialen Netzwerken wie „Facebook“ & Co. ohne die selbst reale Firmen scheinbar nicht mehr auskommen. Hinzu gesellen sich die Anleihen zu Online-Rollenspielen ohne die auch immer mehr Menschen nicht mehr auskommen.
Es ist einfach nicht zu beschreiben wie außergewöhnlich und mit welch unterschiedlichen Bildern es „Summer Wars“ schafft, Gegenwart, Vergangenheit, echtes Leben und das Internet zusammen zu bringen. Selten bezog bisher ein Anime so klar eine gesellschaftliche Stellung ohne direkt mit dem Finger darauf zu zeigen. Stattdessen wird einfach eine zauberhafte Geschichte erzählen. Welche Rückschlüsse und Gedanken der Zuschauer daraus zieht, wird ihm selbst überlassen.

„Summer Wars“ ist einer der besten Anime-Kinofilme der letzten Jahre. Zu recht gewann er 2010 den japanischen „Anime-Oscar“. Die deutsche Umsetzung in Dolby 5.1 und wirklich tollen Sprechern ist tadellos. Absolut empfehlenswertes Familienkino auch ohne dass man sich für japanische Zeichentrickfilme begeistern kann. Warum macht man solche Filme nicht mal einem breiteren Publikum, etwa durch eine Ausstrahlung in der Primetime des Free-TV zugänglich?

Am Ende mal wieder ein kleiner Trailer, nicht Abschrecken lassen, der komplette Film ist in deutscher Sprache nur der Trailer halt teilweise in Japanisch.




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