Sonntag, 16. September 2012

Nackte Literatur

Manch weltberühmten Schriftstellern geschieht es häufiger, andere werden regelrecht damit überhäuft, wieder andere kommen kaum in diesen Genuss. Was ich meine? Die Tatsache, dass ihre Werke auch für die große Leinwand verfilmt werden.
J. R. R. Tolkien, Joanne K. Rowling oder Jules Verne. Egal in welche Zeitepoche man schaut, es gibt Autoren deren Werke scheinen nie aus der Mode zu kommen, neue Schriften oder altbewährte werden ihnen förmlich aus den Händen gerissen, um sie von mal mehr oder weniger begabten Regisseuren verfilmen zu lassen.
Wer von Euch hat aber schon einmal etwas von Gabriel García Márquez gehört? Ein kolumbianischer Schriftsteller, der 1982 den Literatur Nobelpreis gewann und dessen bekanntestes Werk „Hundert Jahre Einsamkeit“ über 30 Millionen Mal über den Ladentisch wanderte.
Beschäftigt man sich genauer mit seinem literarischen Schaffen, kann man ab Mitte der 1950er Jahre unzählige Kurzgeschichten, Romane und Novellen finden. Die meisten davon auch in deutscher Übersetzung. Umso erstaunlicher, dass mir persönlich gerade einmal zwei bekanntere Verfilmungen seiner Werke bekannt sind. „Die Liebe in Zeiten der Cholera“ sowie das hier besprochene:

„Erinnerung an meine traurigen Huren“

El Sabio ist ein alter Journalist der Anfang des letzten Jahrhunderts in einer nicht näher genannten kolumbianischen Stadt an der Karibikküste lebt. In seinem verwaisten Haus lebt er mit seiner Haushälterin und einer Katze. Während er inzwischen einem sehr ruhigen Lebensstil nachgeht, schreibt er noch eine tägliche Kolumne für eine große Tageszeitung, die sowohl bei Lesern wie auch Kritikern hoch geschätzt wird.

Als er 90 Jahre alt wird, entschließt er sich selbst ein Geschenk zu machen. Er ruft die Bordellbesitzerin Rosa Cabarcas an und erbittet eine Liebesnacht mit einem blutjungen Mädchen, welches auch noch Jungfrau sein solle.
In besagter Nacht findet er eine junge Frau schlafend in einem Apartment. Anstatt sie jedoch zu wecken, betrachtet er das Mädchen, ohne sie auch nur zu berühren. Schmerzlich wird ihm dabei bewusst, dass er sein Lebtag nur für Geld mit Frauen geschlafen hat. Wahre Liebe war niemals im Spiel. Anders jedoch bei diesem jungen Ding.
In der Folge, muss Rosa Cabarcas wieder und wieder Liebesnächte für den alten El Sabio arrangieren, immer mit besagter Jungfrau. Diese Nächte laufen dabei immer nach dem gleichen Muster ab. Der alte Journalist bedenkt das Mädchen mit einem Geschenk, betrachtet die nackte Frau im Schlaf oder liest ihr etwas vor. Hierbei reflektiert er Stück für Stück sein vorangegangenes Leben.
Er meint, wenn auch im hohen Alter, endlich die wahre Liebe gefunden zu haben.

Oftmals scheint es nicht einfach, etwas schwereren literarischen Stoff auf gebührende Weise zu verfilmen. Mit gebührend ist dabei gemeint, dass auch der Film noch die Atmosphäre des Romans ausatmet.
Dies schafft „Erinnerung an meine traurigen Huren“ sehr gut. Die Verfilmung zeigt den melancholischen Rückblick eines alten Mannes auf sein Leben, ohne jede Hektik und in sehr ruhigen Bildern. Das der Hauptcharakter Journalist ist, scheint in das Muster zu passen, dass der Film etliche autobiographische Anlehnungen an das wahre Leben des Autors Gabriel García Márquez enthält.
Langsamkeit birgt für den Zuschauer jedoch auch einige Gefahren. Lässt man sich nämlich nicht auf das Szenario ein, erscheint der Film oberflächlich gesehen eher langweilig. Abschreckend kommt hinzu, dass die Handlung meist in drei verschiedenen Zeitebenen erzählt wird. Die des neunzigjährigen Journalisten, sowie in den Erinnerungen als Mittvierziger und als Kind. Alle drei Zeitebenen gehen dabei oftmals derart gleitend ineinander über, dass man schon recht konzentriert bei der Sache sein sollte, um nicht den Überblick zu verlieren.
Doch sollte man dies nicht falsch verstehen. Erzählerischer Anspruch ist kein Grund für negative Kritik.
Ein weiterer Pluspunkt sind die Darsteller des Films. In prominenter Hauptrolle allen voran Emilio Echevarría als alternder Journalist. Ich glaube einen passenderen Mimen hätte man für die Rolle nicht finden können. Im Allgemeinen bewundere ich jedoch den darstellerischen Umgang mit der holden Weiblichkeit. Wie man dem Titel des Films unschwer entnehmen kann, ist eine Menge nackter Haut während der Geschichte zwischen Bordell und Freudenhaus zu sehen. Dabei verfällt man zu keiner Zeit dem allgegenwärtigen Schönheitswahn. Einen makellosen nackten Körper bekommt man im gesamten Streifen nicht zu sehen, stattdessen (etwas pathetisch gesprochen) Frauenkörper wie Gott sie schuf. Sicherlich ein Grund dafür das der Film in Deutschland eine FSK 16 statt wie in den prüden USA eine 18er Altersfreigabe bekam. In einigen persischen Ländern, wie etwa dem Iran, ist der Film auf Grund der Nacktszenen sogar verboten. Meinem Empfinden nach völlig unverständlich.

Als bekennender Fan von Gabriel García Márquez, habe ich den Film sehr genossen. Mit ruhigen Bildern, fängt er die melancholische Stimmung des Romans sehr gut ein. Zu beobachten wie ein 90jähriger Mann dabei ist, sich erstmals zu verlieben, ist nicht alltäglich. Hinzu kommt ein Ende das sehr nachdenklich stimmt.
Wer „Erinnerung an meine traurigen Huren“ in den DVD-Player einlegt, sollte sich bewusst sein, dass er eine Literaturverfilmung vor sich hat. Action, Komödie oder Popcornkino sucht man hier vergebens. Insofern ist der Film nur sehr eingeschränkt Mainstream tauglich. Dafür bekommt man eine der bisher besten Márquez Verfilmungen geboten.


Hier wie immer der Trailer zum Film:




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