Mittwoch, 5. September 2012

Segeln mit Schafen

Wer kennt sie nicht, die liebevollen Knetfiguren „Wallace & Gromit“, die Mitte der Neunziger Jahre erstmals in einigen animierten Kurzfilmen auftraten? Diese kamen so gut an, dass man einige abendfüllende Fortsetzungen und Ableger produziert. So etwa „Chicken Run – Hennen rennen“ aus dem Jahr 2000 oder gar eine Fernsehserie mit Shaun dem Schaf. Nun bläst Regisseur Peter Lord erneut zu einem Großangriff auf die Lachmuskeln mit:

„Die Piraten! – Ein Haufen merkwürdiger Typen“

Wir schreiben das 19. Jahrhundert. Auf den Weltmeeren wetteifern die großen europäischen Nationen untereinander um immer neue Kolonien, Seewege und Gebietsansprüche. Entdecker werden los geschickt, Länder entdeckt und natürlich auch fette Beute in Form von Gold, Silber und anderem Kostbarkeiten gemacht.
In diesem Umfeld dürfen Piraten natürlich nicht fehlen. An Bord eines eher herunter gekommenen Schiffes, tummelt sich eine bunt zusammengesetzte Mannschaft von Freibeutern unter dem Befehl eines tollpatschigen und unfähigen Kapitäns. Immer auf der Suche nach der nächsten Beute, hat es der Kapitän jedoch nicht nur auf das Geschmeide und den Schmuck feiner, reisender Damen oder die Schatztruhen, tiefer gelegter Frachtsegler abgesehen. Nein, der Piraten-Kapitän hat ein Auge auf den Titel „Pirat des Jahres“ geworfen. Zu dessen Wahl, treffen sich alljährlich die gefürchtetsten Freibeuter der Meere auf der finsteren Insel „Blood Island“ .
Dort angekommen, merkt der Piraten-Kapitän schnell, mit seiner mageren Ausbeute hat er gegen die anderen Kandidaten keine Chance. In einem Anfall von Selbstmitleid steht er kurz davor seinen Job an den Nagel zu hängen. Die Wende kommt erst als man im Ausguck des Schoners, die Segel der „Beagle“ entdeckt, dem legendären Forschungsschiff des Charles Darwin, Mitbegründer der heutigen Vererbungslehre.

Mit „Die Piraten! – Ein Haufen merkwürdiger Typen“ bekommen wir diesmal eine waschechte Knetkomödie geboten, welche das seit Captain Jack Sparrow, sehr beliebte Genre der Piratenfilme auf die Schippe nimmt. Ein unfähiger Kapitän, ein Transvestit als Bootsjunge und ein Papagei der im Grunde keiner ist. Wenngleich die eigentliche Handlung des Films, der Kampf um den Preis „Pirat des Jahres“ relativ einfach gestrickt ist, werden vor allem im ersten Teil des Films etliche Szenen aus den „Fluch der Karibik“ Filmen persifliert. Desweiteren nimmt man recht offen Englands Rolle in der Wissenschaft des 19.Jahrhunderts aufs Korn. Dabei kommen sowohl Charles Darwin als auch Queen Victoria nichts sehr gut bei weg.
Leider geht den Machern des Films in der zweiten Hälfte des Films die Puste aus. Die lustigen Ideen und kreativen Verballhornungen werden merklich weniger. Die Handlung wird lediglich weiter gesponnen und mit einem Augenzwinkern zu einem Ende, mit seichten moralischen Ansätzen, gebracht.

Handwerklich ist der Film dagegen mal wieder eine Offenbarung. In Zeiten der perfekten Computeranimation glaubt man fast nicht mehr, dass sich ein Filmstudio tatsächlich noch hinsetzt und echte Knetfiguren schafft um diese im Stopp-Motion-Verfahren aufzunehmen. Bei „Aardman Animations“ hat man doch genau dies getan. Mit über 250 einzelnen Knetfiguren, maßstabsgetreuen Kulissen und einem fast vier Meter langem Knetschiff, erschafft das Animationsstudio enorm detaillierte Szenen. Zwar kommt man in Großaufnahmen oder einigen Szenen auf dem Meer nicht ganz ohne die Computeranimation aus, trotz alledem, ich wäre manchmal am liebsten mit durch die dunklen Gassen Londons gelaufen oder bei den bunten Marktständen auf „Blood Island“ abgetaucht. Die Optik ist schon etwas Besonderes und hat seit „Wallace & Gromit“ nichts an Faszination eingebüßt.

In der Summe ist „Die Piraten! – Ein Haufen merkwürdiger Typen“ ein kurzweiliger Familienfilm der vor allem die Lachmuskeln des Zuschauers beansprucht. Dabei kommen sowohl die Kleinen durch die lustigen Figuren und deren Verhalten auf ihre Kosten. Jedoch auch die Älteren, was in erster Linie durch die verschiedenen Anspielungen auf andere hochrangige Hollywood Blockbuster gewährleistet wird. Die Handlung des Films an sich ist dabei kaum erwähnenswert.
Gepaart mit der faszinierenden Knetoptik und den butterweichen Animationen, ist der Streifen ein heißer Kandidat für den nächsten Familienfilmnachmittag. Für echte Cineasten jedoch wohl eher ein kleiner Leckerbissen für zwischendurch.


Hier wie immer der Kinotrailer:



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen