Sonntag, 15. Juli 2012

Moderne Legenden

Es gibt bestimmte Motive, die werden in der Literatur aber auch in unseren heutigen Medien immer wieder gern aufgenommen. Eines der meist genutzten Motive ist sicherlich die Figur des Sherlock Holmes, dem Meister Detektiv der im Jahre 1886 von Sir Arthur Conan Doyle ersonnen wurde und bereits zu seiner Zeit mehrfach Fälle in Romanform lösen durfte.
Auch in jüngster Zeit hat der Detektiv nichts an Reiz verloren. Neben den Romanen als Dauerbrenner - in oftmals leicht überarbeiteten Fassungen und Übersetzungen - erfreuen sich Hörspiele, Hörbücher aber auch die Kinoverfilmungen mit Robert Downey jr. in der Hauptrolle großer Beliebtheit.
Eines haben aber alle Erzählungen und Interpretationen gemein. Sie handeln zeitlich Ende des 19. Anfang 20. Jahrhunderts. Mit einem ganz neuen Ansatz geht dagegen eine britische BBC-Serie aus dem Jahr 2010 an die Vorlage heran. Man versetzt die klassischen Figuren in unsere heutige Zeit. In:

„Sherlock“

Dr. John Watson ein traumatisierter Kriegsarzt, kehrt von seinem letzten tragischen Einsatz aus Afghanistan zurück. Dort hat er viel Leid mit ansehen müssen. Menschen starben um ihn herum und unter seinen Fingern weg. Nun ist er zurück in seiner Heimat London und muss dort nicht nur mit Hilfe eines Psychologen seine Erlebnisse verarbeiten, sondern wird auch mit dem recht kostspieligen Leben in der Großstadt konfrontiert.
Gut, dass er zur rechten Zeit einen alten Freund trifft, der zufälligerweise am pathologischen Institut arbeitet. Was dies mit der Situation von Dr. Watson zu tun hat? Ganz einfach.
Allein kann sich Watson niemals eine Wohnung im teuren London leisten, doch in der Phatologie sucht ein nicht ganz einfacher Einzelgänger gerade einen Mitbewohner – Sherlock Holmes.
Seines Zeichens „Consulting Detektiv“ im Auftrag der Londoner Polizei. Anstatt jedoch seine Arbeit zu schätzen, ist Holmes bei seinen Kollegen als Freak verschrien. Seine außergewöhnliche Kombinationsgabe und die blitzschnellen Schlussfolgerungen, lassen ihn bei den Polizisten suspekt erscheinen. Er ist vielen unheimlich.
Dies hält Inspektor Lestrade nicht davon ab immer und immer wieder auf die ungewöhnlichen Dienste von Sherlock Holmes zurück zu greifen.

Zugegeben, als ich das erste Mal von der Idee der Serie hörte, konnte ich mir nicht vorstellen, wie man solch klassische Figuren in das Hier und Heute versetzen könnte.
Man muss jedoch zugeben, den Autoren Steven Moffat und Mark Gatiss, ist das hervorragend gelungen. Nutzte der Meisterdetektiv bereits früher moderne Mittel wie Mikroskop und Lupe um Verbrechen aufzuklären, hat sich daran in der Neufassung nicht viel geändert. Natürlich haben sich die Hilfsmittel ein wenig verändert. So gehören Handy, SMS, GPS und Internet zu den neuen Freunden Sherlock Holmes. Es wird in der Baker Street 221b auch kein Tabakpfeifchen mehr geraucht, sondern mit Nikotinpflastern versucht der unsäglichen Sucht zu entkommen. Zumal die Nichtrauchergesetze der Hauptstadt unmenschlich sind (Zitat aus der Serie). Diese und viele andere kleine Details lassen den Zuschauer immer wieder schmunzeln.
Geschichtlich hat man ebenfalls ein wenig an den Stellschrauben gedreht. Kam Dr. Watson im Original von Sir Arthur Conan Doyle noch aus dem „Zweiten Anglo-Afghanischen Krieg“ (1878-1880) nach London, musste sich sein modernisiertes Pendant mit Talibankämpfern im aktuellen Konflikt herum schlagen.
Konsequent machte man auch vor der Erzählweise kein Halt bei der Modernisierung. Wurden aus vielen von Holmes Abenteuern bisher aus der Sichtweise von Dr. Watsons Tagebuch berichtet, wird nun ein Internet-Blog von ihm geführt und die Umwelt regelmäßig mit Postings versorgt.

Allen Modernisierungen und Änderungen zum Trotz hat sich die wichtigste Konstante zum Glück nicht geändert – die Kombinationsgabe. Denn seien wir mal ehrlich, am faszinierendsten sind an einem Holmes-Fall immer noch die Kombinationen mit denen der Meister dem Zuschauer erläutert, wie er zur Lösung seines Falles kam. Entweder man sitzt dann mit offenem Mund da und fragt sich, wie jemand auf so etwas kommen konnte oder man ärgert sich, nicht selbst darauf gekommen zu sein. Egal wie man es dreht, dies macht den Reiz aus und den übt auch diese neue Serie auf mich aus.

Fassen wir also zusammen. Ein altbekanntes literarisches Motiv, eine gewagte Neuinterpretation, tolle Umsetzung und gewöhnungsbedürftig junge, jedoch bestechende Darsteller. Trotz des ungewöhnlichen Serie-Formates von nur drei Episoden pro Staffel, dafür aber 90 Minuten Laufzeit pro Fall, macht der neue „Sherlock“ richtig was her. Vor allem Krimifans kommen voll auf ihre Kosten. Für den durchschnittlichen Zuschauer stellt die Serie aber eher ein Nischenprodukt dar. Deshalb kann man die Serie an dieser Stelle nicht allgemeingültig empfehlen.
Liebhaber sollten jedoch unbedingt zugreifen, alle anderen zumindest einmal Probeschauen. Die Serie lief bereits zur besten Sendezeit im Abendprogramm der ARD und wird es in Zukunft sicherlich noch öfters tun.

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