Sonntag, 1. Juli 2012

Gelebte Toleranz

Bei dem heute besprochenen Film muss man wirklich eine Menge Toleranz mitbringen. Da gibt es unglaubliche Nachrichten von fliegenden Kühen, total verbohrte Menschen und nicht zuletzt auch eine Ausländerproblematik. All dies zu sehen in:

„Chinese zum Mitnehmen“

Irgendwo in der chinesischen Provinz Fucheng. Der junge Jun hat sich ein Herz genommen, ein kleines Fischerboot gemietet und ist mit seiner Freundin hinaus auf einen malerischen See gefahren. Mit von der Partie sind neben einem Picknick Korb auch zwei Verlobungsringe. Jun möchte nämlich seiner Angebeteten heute endlich die Fragen der Fragen stellen.
Soweit soll es dann aber nicht kommen. Bevor Jun nämlich so weit ist, fällt plötzlich eine ausgewachsene Milchkuh vom Himmel und erschlägt seine Freundin. Das Boot kentert und Jun kann sich gerade so, schwimmend ans Ufer retten.
Etliche tausend Kilometer entfernt am anderen Ende der Welt in Argentinien.
Roberto ist ein griesgrämiger und pingeliger Eisenwarenhändler in Buenos Aires. In seinem kleinen Geschäft verkauft er vom Scharnier bis zum Nagel, alles was der Heimwerker so braucht. Dabei ist er äußerst penibel. Er zählt bei der Anlieferung jede Schraube einzeln und auch sein Tagesablauf ist genau struckturiert. Dies bringt nicht nur seine Geschäftspartner sondern auch Freunde und Nachbarn regelmäßig auf die Palme.
Robertos Leben besteht jedoch nicht nur aus dem Eisenwarenladen. In seiner Freizeit sammelt er auch Zeitungsartikel und zwar solche die besonders absurd und kurios wirken. Denn er glaubt nicht mehr wirklich an den Sinn des Lebens.
Sein gesamtes Leben ändert sich jedoch als ein Taxi direkt vor seinen Füßen einen jungen Chinesen auf die Straße setzt. Der junge Mann spricht kein Wort Spanisch und hat damit keine Chance sich in Buenos Aires zu Recht zu finden. Wie eine Klette heftet er sich an Robertos Fersen ohne auch nur ein Wort mit ihm sprechen zu können. Dessen kleine Welt gerät damit völlig aus den Fugen. Verzweifelt versucht Roberto den Onkel des Chinesen zu finden und gleichzeitig seinen so geliebten Alltag aufrecht zu erhalten.

Die Idee einen Menschen in einem vollkommen anderen Kulturkreis auszusetzen ohne auch noch die Sprache zu sprechen, ist sehr interessant. Doch nicht nur darauf baut „Chinese zum Mitnehmen“ auf, sondern vor allem auf die Rolle Robertos, der von Ricardo Darìn hervorragend gespielt wird.
Man merkt Roberto regelrecht die Verbitterung in seinem Leben an ohne anfangs die Hintergründe zu erfahren. Leider erst in den letzten zwanzig Minuten des Films werden verschiedene Handlungsstränge verknüpft, erklärt und verbunden. Hier liegt die Stärke des Films. Erst hier bekommt er ein gewisses Maß an Tiefgang und Tragik.
Die ersten anderthalb Stunden verlaufen dagegen zwar interessant, streckenweise aber auch sehr langatmig. Hier liegt die größte Schwäche des Films. Regisseur Sebastián Borensztein schafft es nicht immer den Zuschauer mitzunehmen, was bei diesem zu einer gewissen Langeweile führt. Die charakterliche Tiefe der handelnden Figuren reicht nicht aus um über diese Längen zu tragen.

Zwar ist „Chinese zum Mitnehmen“ durchaus sehenswert, wenn man ein wenig anspruchsvollere Filme mag, eine ähnliche Thematik wurde aber bereits mit weitaus mehr Tiefgang im französischen Film „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ beleuchtet. Den entsprechenden Beitrag findet ihr hier im Blog im Februar 2012.
Aus diesem Grund bekommt „Chinese zum Mitnehmen“ von mir nur drei Sterne. Leider fehlt hier ein klein wenig der Pfiff, der den Film zu etwas besonderem macht.






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